Eine ganzheitliche Heilweise
Die Homöopathie ist eine Heilweise, bei der kranke Menschen, Tiere oder Pflanzen durch die Übermittlung einer sehr spezifischen Information zur Selbstheilung angeregt werden. Sie ist eine ganzheitlich Methode, die in ihrer Wirkung sowohl die körperliche als auch die emotionale, geistige und spirituelle Ebene umfasst.
Die Homöopathie als solche geht zurück auf den Arzt Samuel Hahnemann, der von 1755 bis 1843 lebte. Dieser entdeckte Ende des 18. Jahrhunderts das der Homöopathie zugrundeliegende Naturgesetz wieder: das Ähnlichkeitsgesetz. Dieses machte er in seinem Lebenswerk für die Medizin nutzbar.
Bereits im Namen der von ihm entwickelten Heilweise wird der Bezug zum Ähnlichkeitsgesetz deutlich. Abgeleitet von den griechischen Wörtern „homoios“ und „pathos“ bedeutet der Begriff „Homöopathie“ übersetzt so viel wie „ähnliches Leiden“.
Das Ähnlichkeitsgesetz
Das Ähnlichkeitsgesetz, auch Simile-Prinzip genannt, besagt, dass „Ähnliches durch Ähnliches geheilt werde“. Diese Aussage bildet das Grundverständnis, das Fundament der Homöopathie: „Similia similibus curentur“.
Da dieses Prinzip sehr abstrakt formuliert ist und auf den ersten Blick geradezu paradox erscheint, möchte ich es zunächst anhand einiger Beispiele erläutern:
Sicherlich hast Du bereits die Erfahrung gemacht, dass bestimmte Substanzen in der Lage sind, Veränderungen hervorzurufen, wenn man sie einnimmt bzw. in Kontakt mit ihnen kommt. So wird man – gerade als Neuling unter den Kaffeetrinkern – nach dem Genuss dieses Getränks mit hoher Wahrscheinlichkeit Herzklopfen und einen schnellen Puls bekommen, aufgeregt und schlaflos werden. Beim Schneiden einer Zwiebel hingegen kommt es oft zum Tränen und Brennen der Augen usw.
Jede Substanz ist in der Lage, solche spezifischen Symptome zu erzeugen. Diese Veränderungen, die ein Stoff in einem Organismus hervorrufen kann, bezeichnet man als die „Erstwirkung“ des Stoffs.
Das Wort „Erstwirkung” weist schon darauf hin, dass es wahrscheinlich noch eine andere Wirkung gibt: die sogenannte „Nachwirkung“. Diese erklärt sich dadurch, dass jeder Organismus bestrebt ist, sein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Wirkt also ein Reiz auf einen Organismus ein und stört das gerade vorhandene Gleichgewicht, versucht der Organismus, von innen heraus gegenzusteuern und die Wirkung des Außenreizes zu neutralisieren. Diesen Mechanismus macht man sich bei der Homöopathie zunutze.
Praktisch sieht das so aus:
Man wählt die Arznei für einen Kranken aus, die beim Gesunden genau die Symptome hervorruft, unter denen der Kranke leidet. Die Ähnlichkeit zwischen den Symptomen des Kranken und den Symptomen der Arznei ist entscheidend.
Wenn ein Mensch also unter Herzklopfen, Schlaflosigkeit, Gedankenandrang, übersprudelnden Ideen und Erwartungsspannung leidet, ohne dass er Kaffee getrunken hat, so kommt Coffea (Kaffee) als homöopathisches Heilmittel für diesen Patienten infrage.
Die Zwiebel, Allium cepa, wiederum ist in der Lage, einen Kranken mit Schnupfen zu heilen, wenn jener wässrig und wundmachend ist, mit reichlich Absonderung aus den Augen einhergeht und der Betroffene das Bedürfnis hat, sich die Augen zu reiben.
Wendet man das homöopathische Prinzip an, so ist der durch die Arznei vermittelte, äußere Reiz wie ein Spiegelbild zur Krankheit des Patienten. Zuerst addiert sich die Wirkung der Arznei zu den schon bestehenden Symptomen und es kommt zur sogenannten Erstverschlimmerung. Doch schon kurze Zeit später re-agiert der Organismus. Er versucht, den Arzneireiz zu neutralisieren. Da der Arzneireiz und die Krankheit ähnlich sind, richtet sich die Reaktion des Organismus zugleich gegen die krankhaften Veränderungen. Die Erstwirkung, in diesem Fall die Erstverschlimmerung, dauert nur kurz. Die Nachwirkung hingegen hält länger an, was im besten Fall zu einer langanhaltenden Verbesserung der Symptomatik und des allgemeinen Befindens führt.
In dieser Wirkungsweise unterscheidet sich die Homöopathie grundlegend von der Schulmedizin, welche vor allem die Erstwirkung der Arzneien ausnutzt.
Vom Ähnlichkeitsgesetz zur Arzneitherapie
Von der Wiederentdeckung des Ähnlichkeitsgesetzes und dem Verständnis von Erst- und Nachwirkung zu Zeiten Hahnemanns bis zur effizienten und gefahrlosen Anwendung desselben waren allerdings noch einige „Erfindungen“ nötig.
Wie soll man herausbekommen, welche Symptome eine Substanz am Gesunden erzeugt? Wie soll man giftige Stoffe, wie zum Beispiel Quecksilber, am Gesunden prüfen, ohne dem Prüfer Schaden zuzufügen? Wie ist mit Substanzen zu verfahren, die im Rohzustand gar keine Wirkung haben oder die vielleicht sowieso von uns aufgenommen werden, beispielsweise Wasser oder Sauerstoff? Wie kann ich dem Kranken den heilsamen äußeren Reiz zukommen lassen, ohne ihn dadurch zu vergiften?…
Stelle man sich einmal vor, ein Patient habe sehr hohes Fieber mit rotem Gesicht, pulsierende Kopfschmerzen und würde sich vor eingebildeten Dingen fürchten. Wenn dieser nun Belladonna, die Tollkirsche, in stofflicher Form verabreicht bekäme, würde er an den Vergiftungssymptomen zusätzlich leiden und womöglich gar nicht mehr im Sinne der Nachwirkung reagieren können.
Um diese Probleme zu überwinden, hat Hahnemann eine neue Methode der Arzneiherstellung entwickelt: die Potenzierung.
Zuerst hat er seine Arzneien verdünnt und zur besseren Vermischung auch verschüttelt. Er hatte erwartet, dass ab einem bestimmten Grad der Verdünnung keine Wirkung mehr ersichtlich sei. Unerwarteterweise geschah genau das Gegenteil: Je stärker verdünnt und verschüttelt seine Arzneien waren, um so stärker und tiefgreifender wirkten sie. Gleichzeitig ließen die toxischen Effekte nach, sodass er diese potenzierten Arzneien unbedenklich einsetzen konnte.
Bis zum Ende seines Lebens forschte Hahnemann an der Optimierung des Potenzierungsverfahren. Heute geläufig sind vor allem die C-Potenzen, die bei der Herstellung jeweils 1:100 verdünnt werden – stets kombiniert mit Verreibung bzw. Verschüttelung. Die Zahl hinter dem C gibt die Anzahl der Potenzierungsschritte an. Bei der C 200 als Bsp. sind es somit 200.
Zumeist erhält man C-Potenzen als kleine Saccharose-Kügelchen, sogenannte Globuli, die während der Herstellung mit der arzneilichen Lösung benetzt wurden. Ab einer C12 ist der Ausgangsstoff in stofflicher Form nicht mehr enthalten. Nur noch dessen Information ist in der Arznei gespeichert, wie ein Lied auf einer CD oder ein Fußabdruck im Sand.
Daneben gibt es die Q-Potenzen, die jeweils 1:50.000 verdünnt sind. Diese werden im Normalfall als alkoholische Lösung angeboten.
Mit der Erfindung der Potenzierung stand auch der Erforschung neuer Substanzen nichts mehr im Wege. So führte Hahnemann Arzneimittelprüfungen mit potenzierten Substanzen an gesunden Freiwilligen durch, um herauszufinden, welche Symptome eine Arznei überhaupt hervorrufen kann. Die Erkenntnisse daraus, also die Befindensänderungen der Prüfer und ihre körperlichen, emotionalen und geistigen Symptome, schrieb er sorgsam nieder, sodass im Laufe der Zeit eine umfangreich homöopathische Arzneimittellehre (Materia medica) entstand.
Bis heute werden Arzneimittelprüfungen mit potenzierten Arzneien durchgeführt. Der Arzneischatz in der Homöopathie ist groß geworden: Substanzen pflanzlicher und tierischer Herkunft, Elemente und ihre Verbindungen, aber auch Stoffwechselprodukte und sogenannte Imponderabilien, „Unwägbare“, finden ihren Einsatz als Heilmittel.
Der Homöopath hat nun die Aufgabe, die Symptome seines Patienten genau zu erfragen und aus weit über tausend Arzneien das ähnlichste Mittel herauszusuchen. Das ist manchmal keine leichte Aufgabe und erfordert viel Gespür, Arzneimittel- und Methodenkenntnis und manchmal auch Geduld.
Ist ein ähnliches oder gar das ähnlichste Arzneimittel gefunden, kommt es meist zu einer Verbesserung in allen Bereichen, sodass sich die Mühe lohnt.
Die homöopathische Behandlung
Eine homöopathische Behandlung kommt für Menschen infrage, die unter einer akuten und/oder einer oder mehreren chronischen Erkrankungen leiden. Gerade auch bei Letzterem kann die Homöopathie viel bewirken, auch begleitend zur schulmedizinischen Therapie.
Für die Wahl des passenden homöopathischen Arzneimittels ist die Krankheitsdiagnose an sich meist nicht entscheidend. Vielmehr sind es die eigenheitlichen, individuellen Symptome des Patienten, die es zu erfassen gilt. Deshalb ist seine aktive Mitarbeit und die Bereitschaft, von sich und seinen Leiden zu berichten, für eine erfolgreiche homöopathische Therapie notwendig. Bei kleinen Kindern und Menschen, die sich selbst nicht ausreichend verständlich machen können, bedarf es einer Einschätzung durch Nahestehende und einer guten Beobachtungsfähigkeit.
Generell gilt, dass die Wahl der richtigen Arznei um so einfacher ist, je besser der Homöopath seinen Patienten und dessen Beschwerden versteht. Trotz aller Bemühungen gelingt es jedoch nicht immer, das passendste Mittel schon beim ersten Versuch zu finden. Das sollte jeder wissen, der sich homöopathisch behandeln lassen möchte. Wie bereits erwähnt lohnt es sich, etwas Geduld mitzubringen – gerade bei chronischen Leiden. Schließlich ist „gegen jedes Übel ein Kraut gewachsen“ – es muss nur gefunden werden!
Zu Beginn einer CHRONISCH-KONSTITUTIONELLEN BEHANDLUNG steht im Normalfall ein ausführliches, etwa anderthalb bis zweieinhalb Stunden dauerndes Gespräch, die homöopathische Erstanamnese.
Diese sollte in einer angenehmen Atmosphäre stattfinden, sodass der Patient seine Beschwerden ohne Zeitdruck und Scheu mit seinen eigenen Worten beschreiben kann.
Der Homöopath wird dann seine Mittelwahl treffen und dafür gegebenenfalls auch spezielle Suchprogramme und Datenbanken nutzen. Fällt die Wahl auf ein bekanntes Mittel, wird es eine Leichtigkeit sein, die entsprechenden Globuli (C-Potenz) bzw. die alkoholische Lösung (Q-Potenz) über eine Apotheke zu beziehen. Angesichts des großen Arzneischatzes kann es aber auch sein, dass das Mittel nur bei ausgewählten Herstellern verfügbar ist oder sogar neu potenziert werden muss.
Hat die Arznei zum Patienten gefunden, stehen die Art und Häufigkeit der Einnahme der homöopathischen Arznei im Fokus. Meistens macht der Homöopath dazu konkrete Anweisungen.
Prinzipiell ist es möglich, die Globuli einfach im Mund zergehen zu lassen oder sie in Wasser aufzulösen, um einige Schlucke davon zu trinken.
Die Zubereitung einer Lösung mit der Arznei hat den Vorteil, dass der Patient die Einnahme nach Bedarf wiederholen kann. Bevor er allerdings erneut einige Schlucke des arzneilichen Wassers trinkt, sollte er es „verkleppern“, also schütteln oder kräftig rühren. Auf diese Weise wird der arzneiliche Reiz ein klein wenig verändert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Organismus dann optimaler reagiert – ohne die Gefahr einer Überreaktion.
Q-Potenzen werden immer auf folgende Weise eingenommen: Das Fläschchen mit der alkoholischen Lösung wird vor jeder Einnahme zehnmal geschüttelt. Dann werden einige Tropfen in ein Glas mit Wasser gegeben, woraus schließlich einige Schlucke getrunken werden.
Die Wirkdauer der Arzneien und somit auch der Abstand bis zur nächsten Mittelgabe können von Mensch zu Mensch und in Abhängigkeit von der Krankheitsintensität sehr verschieden sein. Eine C200, einmalig eingenommen, kann im Falle einer chronischen Erkrankung durchaus sechs Wochen(!) wirksam sein. Bei einer hochakuten Krankheit ist sie erfahrungsgemäß schneller „verbraucht“ und muss gegebenenfalls häufiger, vielleicht sogar stündlich, wiederholt werden. Auch die Wirkdauer von C30, C200, C1000, C10 000 usw. unterscheiden sich, wobei die höheren Potenzen im Allgemeinen länger und tiefgreifender wirken. Demgegenüber werden Q-Potenzen von vornherein öfter eingenommen: einmal pro Tag bis einmal pro Woche, immer angepasst an die konkreten Erfordernisse.
Die Reaktionen auf eine Mittelgabe können ebenfalls sehr unterschiedlich sein. Es sind Fälle beschrieben, wo es bereits im Moment der Einnahme zu einer drastischen Besserung des Befindens kommt. In anderen Fällen zeigt sich eine deutliche Besserung nach einigen Stunden oder am nächsten Tag. Auch subtile Veränderungen über mehrere Wochen hinweg sind denkbar.
Daneben kann es zur sogenannten homöopathischen Erstverschlimmerung kommen: Dabei verstärken sich die bereits bestehenden Symptome kurzzeitig (bis zu zwei Wochen), ehe sie von selbst verschwinden. Im Idealfall sollte es gleichzeitig zur Besserung des allgemeinen Befindens kommen, denn Heilung geschieht von „innen nach außen“.
Als mögliche Heilreaktionen sind auch das vorübergehende Wiederauftreten alter, dem Patienten von früher bekannten Symptome und das Einsetzen von Ausscheidungsprozessen denkbar – auf körperlicher wie auf emotionaler Ebene. Diese Geschehnisse sollten also niemanden beunruhigen. Vielmehr sind sie Anzeichen dafür, dass die Arznei passend ist und heilend wirkt.
Es kann auch passieren, dass der Patient nach Einnahme der Arznei gar keine Veränderungen wahrnimmt oder dass sich neue Symptome entwickeln, ohne dass sich sein Allgemeinzustand spürbar verbessert. Das zeigt an, dass die Arznei nicht passt. Ebenso ist eine nur teilweise Besserung möglich, wenn das Mittel nicht hundertprozentig stimmt, sondern nur teilweise ähnlich ist.
Die genaue Beobachtung aller Symptome und Befindlichkeiten durch den Patienten ist in dieser Phase wünschenswert.
Eine Folgeanamnese zur Beurteilung der Reaktionen auf die Arzneigabe schließt sich nach etwa drei bis sechs Wochen an. Dieses Gespräch dauert normalerweise eine halbe bis dreiviertel Stunde. Danach wird über weitere Verordnungen entschieden: Abwarten, die gleiche Arznei wiederholen – evtl. in einer anderen Potenz bzw. Darreichungsform, ein anderes Mittel auswählen… All das sind mögliche Optionen.
Weitere Folgeanamnesen finden dann nach Bedarf statt.
Die HOMÖOPATHISCHE BEHANDLUNG VON AKUTKRANKHEITEN unterscheidet sich davon etwas, da im Akutfall zumeist schnelle Erfolge gefragt sind. Die Akutanamnese ist demzufolge zielgerichteter auf die Symptome des akuten Leidens ausgerichtet. Die individuellen Symptome und Symptomkombinationen des Kranken als auch sein emotionaler und geistiger Zustand sind jedoch auch hierbei wegweisend, nicht die Krankheitsdiagnose.
Im Akutfall sollte das gewählte Mittel schnell eine Wirkung in die eine oder andere Richtung zeigen. Eine passende Arznei, die kurzzeitig zu einer Verbesserung geführt hat, kann öfter wiederholt werden als bei der chronisch-konstitutionellen Behandlung. Genauso ist es möglich, bei ausbleibender Besserung schon nach relativ kurzer Zeit ein anderes Mittel einzunehmen.
Für akute Beschwerden gibt es zahlreiche Ratgeber zur Selbstbehandlung auf dem Markt. Auf der einen Seite sind sie ein guter Einstieg, um ein Gespür für die Homöopathie und die Wirkweise der Arzneien zu bekommen, auf der anderen Seite muss man anmerken, dass sie dem vollen Potential und der spirituellen Dimension der Homöopathie nicht gerecht werden. Außerdem bergen sie die Gefahr, dass der Leser die Arzneien überdosiert. Wie unter „Ähnlichkeitsgesetz“ beschrieben, kann jede Arznei Symptome erzeugen, wenn sie unpassend und zu häufig eingenommen wird. Diese sogenannten Prüfsymptome können dann die eigentlichen Anzeichen der Krankheit verfälschen und eine weitere Behandlung erschweren. Glücklicherweise verschwinden die Prüfsymptome von potenzierten Arzneien nach einiger Zeit von allein.
Der selbstbestimmte Umgang mit den homöopathischen Mitteln ist auf jeden Fall auch ein Gewinn. Wenngleich es sich empfiehlt, für die Auswahl eines konstitutionellen Mittels einen Fachmann bzw. eine Fachfrau aufzusuchen, so bereichernd ist es, wenn der Patient sich ein Stück weit selbst helfen kann. Das kann sein, indem er spürt und weiß, wann er „sein“ Mittel wiederholen muss oder welche Potenz im Moment die günstigste für ihn ist.
Ganz allgemein sind die homöopathischen Arzneien nicht nur in der Lage, Symptome zum Verschwinden zu bringen, sondern auch eine tiefgreifende Entwicklung anzustoßen: die Sensitivität des Patienten zu erhöhen, ihn verstehen zu lassen, was seine Symptome ihm einst sagen wollten und ihm zu helfen, sich selbst, seine Potenziale und seine Kreativität zu leben.
Unter dem Aspekt, in Kontakt zu kommen, möchte ich Dir nun noch einen speziellen Ansatz innerhalb dieser Heilkunst näherbringen, mit dem ich selbst schon gute Erfahrungen gemacht habe:
Die Quellenmethode in der Homöopathie
Die sogenannte Quellenmethode ist eine besondere Form der Anamneseführung und Arzneifindung. Ihre Anwender gehen davon aus, dass jeder Mensch das Wissen um sein Heilmittel in seinem Unterbewusstsein trägt.
Bei der „Quellenanamnese“ geht es darum, den Patienten auf dem Weg zu seiner eigenen inneren „Quelle“ zu begleiten bzw. ihn durch behutsames Fragen bis in diese innerste Schicht vordringen zu lassen.
Die Erfahrungen einer wachsenden Gruppe von Homöopathen haben gezeigt, dass dies tatsächlich möglich ist. Jeder Mensch kennt sein Heilmittel und es ist eine große Freude, wenn es gelingt, den Anschluss an dieses ureigene Wissen wieder herzustellen. In einem solchen Fall ist das Finden der homöopathischen Arznei nicht der einzig positive Effekt. Zugleich wird das Vertrauen des Patienten in sich selbst und in seine Wahrnehmung gestärkt. Außerdem hat der Patient die Möglichkeit, sein ganzes Lebensmuster in seinem Heilmittel wiederzuerkennen und dadurch zu verstehen. Er sieht, dass sein Muster, seine Art, die Welt zu sehen, irgendwo in der belebten oder unbelebten Natur eine Entsprechung hat. Damit wird vieles plötzlich stimmig, verständlich und findet seinen Platz in einer größeren Ordnung.
Vielleicht fragst Du Dich, WIE die Begleitung zur Quelle funktioniert. Auf den ersten Blick hat der Weg zur Quelle sogar etwas Mystisches an sich. Umso verblüffender ist es zu sehen, dass die Fragetechnik eigentlich sehr bodenständig ist. Sie ist präzise, logisch und mit viel Empathie verbunden.
Zu Beginn einer Quellenanamnese äußert der Patient sein Hauptanliegen und wird gegebenenfalls dazu angehalten, es noch näher zu beschreiben. Der Homöopath achtet dabei genau auf die Wortwahl und die Gesten seines Gegenübers. Wann immer „Unregelmäßigkeiten“ im Fluss der Worte auftauchen bzw. ganz individuelle Aspekte in der Beschreibung des Leidens zutage treten, wird der Homöopath nachfragen oder die Worte des Patienten wiederholen. So bildet sich langsam ein roter Faden heraus und die Erklärungen des Befragten werden abstrakter. Ganz unbemerkt verlassen sie die rein menschliche Erfahrungswelt und beginnen, neben der persönlichen Erfahrung zugleich auch Phänomene im Kosmos zu beschreiben.
Sind die wichtigsten Aspekte des Patienten auf diese Weise analysiert, wiederholt der Homöopath die wichtigsten Formulierungen noch einmal. Dabei kann der Patient sich sammeln und lauschen, damit er schließlich auf die folgende Frage eine Antwort finden kann: „Wo in der belebten oder unbelebten Natur, wo im Kosmos gibt es etwas, was genau dem entspricht, was Sie in der Anamnese beschrieben haben: …?“
Im besten Fall ist der Patient dann so weit, die Bilder seiner Heilmittels aus seinem Unterbewussten aufsteigen zu lassen. Manchmal haben sie sich auch schon während der Anamnese gezeigt. In anderen Fällen stehen vielleicht mehrere Substanzen zur Auswahl. Dann geht es darum, dass sich alle Informationen aus der Anamnese wie Puzzlestückchen in ein Gesamtbild integrieren lassen. Hier steht der Analyse die Synthese gegenüber.
Hin und wieder kommt es vor, dass das Gesamtbild nach der ersten Anamnese noch nicht stimmig ist. Dann gilt es weiterzufragen, vielleicht auch in einer zweiten Sitzung.
Wurde schließlich eine Substanz als Arznei auserkoren, wird der Homöopath zur Überprüfung weitere Informationen dazu einholen. Ist das Mittel schon bekannt und geprüft, kann er in der homöopathischen Arzneimittellehre nachlesen. Ist das nicht der Fall, muss er in Werken der Physik, Chemie, Botanik Zoologie, Geologie usw. recherchieren. Diese Vorgehensweise macht deutlich, dass die Homöopathie nicht isoliert zu betrachten ist, sondern vielfältige Berührungspunkte mit dem Leben, den Naturwissenschaften und dem Kosmos mit all seinen Erscheinungsformen hat.
Zusammengefasst ist die Quellenmethode in der Lage, das Auffinden einer sehr individuellen und tiefgreifend wirkenden Arznei zu ermöglichen, die einem Patienten über Jahre hinweg gute Dienste leisten kann, da sie seine Muster punktgenau abbildet. Außerdem ebnet die Quellenmethode neue Wege im Selbstverständnis von Behandler und Patient, da letzterer derjenige ist, der die Frage nach seinem Heilmittel beantworten kann.
In diesem Sinne hoffe ich, dass sich diese noch relativ junge Methode in Zukunft zunehmend etabliert und dass sie in all ihren Facetten weiter erforscht wird.
Literaturempfehlungen
- Karl-Josef Müller: “Klassische Homöopathie – Wieso? Weshalb? Warum?”
eine kleine Praxiseinführung für Patienten - Gerhard Ruster + Ina Friedrich: “Homöopathie”
eine ausführliche und sehr anschaulich formulierte Einführung in die Klassische Homöopathie für Patienten
nur noch gebraucht erhältlich – zu sehr günstigen Preisen - Jörg Wichmann: „Die andere Wirklichkeit der Homöopathie“
ein Buch, welches die Homöopathie in einem größeren Zusammenhang beschreibt und auf die spirituelle Dimension dieser Heilkunst eingeht - Herbert Pfeiffer + Michael Drescher + Martin Hirte: “Homöopathie in der Kinder- und Jugendmedizin”
ein sehr umfangreiches Buch, was neben detaillierten Informationen zur homoöpathischen Therapie viele Fallbeispiele, medizinisches Fachwissen und eine gut verständliche Arzneimittellehre enthält - Irene Schlingensiepen-Brysch: „Die Quelle spricht“
eine Einführung in die Quellenmethode und ihre Anwendung